
Therapie & Praxis
Gangtherapie: Auf eigenen Beinen stehen
Eine Fehldiagnose im Krankenhaus hätte Friedrich Huber um ein Haar lebenslang ans Bett gefesselt. Dem Mut und der Beharrlichkeit seiner Frau Hanni hat er es zu verdanken, dass er in den Passauer Wolf verlegt und damit wieder selbstständig wurde. Mit dem neuen Endeffektor-Gangtrainer lyra lernte er das Laufen neu. Und das Lachen. Friedrich Huber war völlig unvorbereitet. Zwar hatte ihm die Parkinsonerkrankung, die bei ihm vor sieben Jahren diagnostiziert wurde, bereits einige Einschränkungen abverlangt. Aber dass er nun stetig schwächer wurde, besorgte ihn sehr. Kleine, gewohnte Arbeiten kosteten ihn stetig mehr Energie, schon nach wenigen Treppenstufen brach ihm der Schweiß aus. „Eines Tages, im September 2018, brach ich bei der Gartenarbeit zusammen. Ich konnte urplötzlich nicht mehr gehen und stehen!“ Mit Blaulicht brachte man ihn damals ins Krankenhaus nahe seines Wohnorts. Immer an seiner Seite: seine Frau Hanni Huber. Dieser Satz wird im Laufe dieses Artikels noch öfter zu lesen sein. Schließlich war es die Energie und die Unerschrockenheit von Friedrich Hubers Ehefrau, die ihm sozusagen das Leben rettete. Zumindest die Art von Leben, die ihm lebenswert erscheint.
Vier Männer mit Hüten in der Ecke
Friedrich Huber: „Ich war 40 Jahre lang Bezirksleiter in der Versicherungsbranche, daher war ich privat versichert. So hatte ich Anspruch auf Behandlung beim Chefarzt. ‚Der wird schon Recht haben‘, dachte ich, als mir diagnostiziert wurde, ich hätte einen Bandscheibenvorfall.“ Zwei Wochen lang lag Friedrich Huber im Krankenhaus, sein Zustand wurde und wurde nicht besser. „Wie festbetoniert lag ich im Bett, ich konnte nichts tun, nicht auf die Toilette gehen, nichts. Eines Tages legte das Schicksal noch einen Gang zu, auf meinem rasanten Weg in die gesundheitliche Verschlechterung: Ich bekam Horrorvisionen.“ F
Falsche Diagnose mit Folgen
Friedrich Huber: „Hanni hat beim Arzt einfach keine Ruhe gegeben. Auch meine Tochter nicht. Beide wollten es ganz genau wissen, wieso man bei einem Bandscheibenvorfall Wahnvorstellungen haben soll. Hanni diskutierte mit dem Chefarzt wieder und wieder, dass er mich doch noch einmal genauer durchchecken möge.“ Hanni Huber erinnert sich: „Damals fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Vielleicht ein Zeckenbiss? Wir wohnen in Oberbayern am Waldrand. Seit mein Mann die Parkinsonmedikamente nimmt, finden ihn die Zecken besonders attraktiv. Es vergeht keine Woche, in der er nicht mit ein paar Zecken am Körper heimkam.“ Als sie dies den Ärzten erzählte, wurde er endlich dahingehend untersucht.Schlechte Nachrichten ohne Ende
Die Diagnosen: Borreliose und FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis), zwei Erkrankungen, die durch Zecken übertragen werden. „FSME verursachte die Wahnvorstellungen. Und Friedrich litt an dieser Viruserkrankung trotz der FSME-Impfung.“ Sofort wurde die Therapie umgestellt und nach zwei Wochen ging es Friedrich Huber langsam besser. „Gegen die Borreliose bekommt man Antibiotika. Ich hatte eine Entzündung höchsten Grades. Mit der FSME aber muss der Körper selbstständig fertig werden. Und ich wurde damit fertig“, erinnert sich Friedrich Huber. „Vielleicht hatten mich die lange Bettlägerigkeit und die Unselbstständigkeit empfindlich gemacht, aber ich hatte extreme Angst davor, mit 74 Jahren auf dem Abstellgleis zu landen“, erzählt er. „Der nächste Plan der Ärzte lautete, dass ich in die geriatrische Abteilung des Krankenhauses verlegt werden soll. Ich hatte vielleicht falsche Vorstellungen davon und bekam Angst, dass ich für ewig ans Bett gefesselt bleiben würde.“ Auch hier wieder an seiner Seite: seine Frau Hanni.Reha statt Abstellgleis

Sprechen und gehen neu erlernen
Hanni Huber: „Von der ersten Sekunde an waren alle Mitarbeiter herzlich und freundlich, vom Chefarzt bis zur Putzfrau. Das ist einfach wundervoll. Als ich dort anfragte, ob ich mit einziehen kann, war Dr. Wächter, Chefarzt der Neurologie, gleich begeistert. Sie hätten bessere Heilungserfolge, wenn Rehapatienten Angehörige dabeihätten, meinte er. Das hat uns glücklich gemacht.“ Gleich zu Anfang wurde Herr Huber mit einem Hebegerät aus dem Bett geholt, angezogen und anfangs erst einmal in den Rollstuhl gesetzt, damit er wieder an der Welt teilhaben kann.
psychotherapeutischen Angebote und die Sporttherapie. Und er traf Herrn el Fahem-Krummradt und Frau Eder, die an der lyra mit den Patienten arbeiten. Friedrich Huber: „Anfangs lief ich mit dem Rollator. Jeden Tag konnte ich einen Schritt mehr ohne Hilfe gehen. Inzwischen gehe ich wieder selbstständig. Langsam, aber verlässlich. Als Nächstes ist das Treppengehen dran. Auch das will ich wieder allein schaffen. Beim nächsten Mal im Passauer Wolf.“
Das sagen die Therapie-Experten vor Ort:

Sie waren die treibende Kraft bei der Auswahl des Gehroboters. Wieso haben Sie sich für die lyra entschieden? „Die lyra kann sehr schnell an den jeweiligen Patienten individuell angepasst werden. Da vergeht keine wertvolle Therapiezeit. In anderen Robotersystemen kann das deutlich länger dauern. Da das Einsteigen für Patienten auch aus dem Rollstuhl einfach ist, können wir viele Patienten trainieren und die Patienten, die eigentlich Mühe hätten zu gehen, machen über 1.000 Schritte am Tag. Zudem kommt die Bewegung hier vom Fuß. Die Schrittbewegung wird exakt nachgeahmt. So werden die Gehirnzellen daran erinnert, wie Gehen funktioniert. Die Reha wird dadurch deutlich verbessert.“
Behandeln Sie Patienten von Anfang an in der lyra? „Das hängt vom Einzelfall ab. Wir haben aber festgestellt, dass Menschen, die acht Wochen gelegen haben, langes Stehen und Gehen kardiovaskulär erst einmal nicht schaffen. Nun lassen wir es gar nicht mehr so weit kommen und mobilisieren Patienten möglichst früh in dem Gangroboter.“

Welche Vorzüge sehen Sie, neben der Bedienerfreundlichkeit bei der lyra? „Früher schafften wir mit zwei Physiotherapeuten pro Patient am Laufband 30 Schritte am Tag. Mit dem Gehroboter laufen die Menschen 1.000 Schritte täglich. Und das bei bis zu 4 km/h. Sie lernen also auch ambitioniertes Gehen, um z. B. flott über die Ampel zu kommen.“
Und wie beurteilen Sie die lyra als Physiotherapeut? „Ich bin begeistert. Nur die Füße werden eingespannt und bewegt. Der Rest des Körpers bleibt frei beweglich. Der Bauchgurt entlastet den Gehenden lediglich, z. B. bei Herrn Huber um 20 Kilo. Und wir kommen von allen Seiten an den Patienten heran.“
