Wissenschaft
Endeffektor-Gangtrainer im Vergleich am besten
Es gibt diverse Möglichkeiten, das Gehen nach einem Schlaganfall mithilfe von Robotikgeräten neu zu erlernen. Im klinischen Alltag kommen überwiegend Exoskelett-gestützte (z. B. Lokomat) und Endeffektor-basierte Gangtrainer (z. B. THERA-Trainer lyra) zum Einsatz. In der späteren Phase sind dann überwiegend Laufbänder mit und ohne Gewichtsentlastung im Einsatz. Doch welche Therapie ist am wirksamsten, um das Gehen zu verbessern?
Zur Beantwortung dieser Frage führten Wissenschaftler ein systematisches Review zu randomisierten kontrollierten Studien mit Netzwerk-
Metaanalyse durch. Indirekte Vergleiche und Netzwerk-Metaanalysen stellen eine wichtige Weiterentwicklung traditioneller Metaanalysen dar. Primärer Endpunkt war die Gehgeschwindigkeit, sekundäre Endpunkte waren die Gehfähigkeit, die Gangausdauer und die Gangsicherheit. Kein Gehtraining bzw. konventionelles Gehtraining diente als Referenzkategorie. Dem wurden Laufbandtraining mit oder ohne Körpergewichtsentlastung, Laufbandtraining mit und ohne Geschwindigkeitsparadigma sowie elektromechanisch-assistiertes Gehtraining mit Endeffektor- und Exoskelett-Geräten gegenübergestellt. Die systematische Suche ergab 40.567 Treffer. In die Auswertung wurden 95 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 4.458 Patienten nach Schlaganfall eingeschlossen. Für den primären Endpunkt Gehgeschwindigkeit erreichte das Gangtraining mit Endeffektor-assistierten Geräten signifikante Verbesserungen (MD = 0,16 m/s; 95-%-KI = 0,04-0,28). Alle anderen Interventionen verbesserten die Gehgeschwindigkeit nicht signifikant. Für den sekundären Endpunkt Gangausdauer erreichte das Endeffektor-assistierte Gangtraining und das Laufbandtraining mit Körpergewichtsentlastung eine signifikante Verbesserung (MD = 47 m, KI: 4-90 beziehungsweise MD = 38 m, KI 4-72). Für den sekundären Endpunkt Gehfähigkeit wurde aufgrund bedeutender Inkonsistenz keine Netzwerk-Metaanalyse durchgeführt. Die Sicherheit der einzelnen Interventionen unterschied sich nicht voneinander.
Die Forscher kommen zu
dem Schluss, dass im Vergleich zu einer konventionellen Gangrehabilitation das Endeffektor-assistierte Gehtraining signifikant und klinisch bedeutsam die Gehgeschwindigkeit und die Gangausdauer nach einem Schlaganfall verbessert.
Die Laufbandtherapie mit Teilkörpergewichtsentlastung erreicht im Vergleich zu einer konventionellen Gangrehabilitation signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserungen im Bereich der Gangausdauer.
Kommentar
Eine hochinteressante Arbeit mit unerwarteten Ergebnissen! Kritisiert wurde im Nachhinein, dass
der Titel der Publikation irreführend ist.
Als primärer Endpunkt wurde die Gehgeschwindigkeit gewählt. Der Titel lautet „Verbesserung der Gehfähigkeit nach Schlaganfall“. Tatsächlich müssen die Parameter Gehfähigkeit, Gehgeschwin-
digkeit, Gehstrecke und Gangsicherheit differenziert werden. Ob es sich hierbei um ein Versehen handelt, bleibt unklar.
An der Qualität und Aussagekraft der Ergebnisse ändert es jedoch nichts. Auch für die Wiedererlangung der Gehfähigkeit ist der Endeffektor nach wie vor das Mittel der Wahl, wie aktuelle Metaanalysen und Leitlinien belegen.
Literature:
Mehrholz J, Pohl M, Kugler J, Elsner B. (2018). The Improvement of Walking Ability Following Stroke. Deutsches Ärzteblatt International, 28 September 2018; 115(39):639-645. doi: 10.3238/arztebl.2018.0639. PubMed PMID: 30375325; PubMed Central PMCID: PMC6224539.
Jakob Tiebel
Studium in angewandter Psychologie mit Schwerpunkt Gesundheitswirtschaft. Klinische Expertise durch frühere therapeutische Tätigkeit in der Neurorehabilitation. Forscht und publiziert zum Theorie-Praxis-Transfer in der Neurorehabilitation und ist Inhaber von Native. Health, einer Agentur für digitales Gesundheitsmarketing.
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