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Wissenschaft
Gesünder durch Training während der Dialyse

Eine neue Studie belegt: Bewegung während der Dialyse verbessert die Fitness und senkt Klinikaufenthalte. Erfahren Sie, wie gezieltes Training auch in der Nierenbehandlung neue Wege eröffnet – vielleicht auch für Ihre Praxis.

Author
Christian Gorbach
Spezialist Klinische Applikationen, Fachbereich Dialyse
Ergebnisse einer multizentrischen Studie in 21 Dialysezentren belegen: Nieren-Patient:innen profitieren von Bewegungsübungen
Sport während der Dialyse? Die Wirksamkeit von intradialytischen Sport war bislang mit nur schwacher Evidenz belegt. Studienergebnisse lieferten mitunter widersprüchliche Ergebnisse. Aufgrund methodischer Schwächen einzelner Arbeiten und einer geringen Zahl eingeschlossener Patienten konnten bislang keine klaren Empfehlungen für die Intervention ausgesprochen werden. Dank einer von der Technischen Universität München (TUM) geleiteten, groß angelegten, multizentrischen Studie, konnte nun endlich nachgewiesen werden, dass Patient:innen, die während der Blutwäsche ein gezieltes Bewegungsprogramm durchführen, körperlich fitter sind und seltener im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Die vorliegende Dialyse Trainings-Therapie (DiaTT) Studie, veröffentlicht im Juni 2023 im renommierten „New England Journal of Medicine – Evidence“, umfasste eine beeindruckende Teilnehmergruppe von etwa 1000 Patient:innen aus 21 Dialysezentren in Deutschland. Die Studie eines Konsortiums der Technischen Universität München (TUM) um Martin Halle, stellt zur Zeit die weltweit umfangreichste Untersuchung zu sportlicher Aktivität während der Dialyse von Menschen mit spezifischer Nierenerkrankung dar.
Nach einem Jahr hatte sich der Gesundheitszustand der Teilnehmenden deutlich verbessert. Unter anderem konnten sie häufiger innerhalb einer Minute aus dem Sitzen aufstehen als zu Beginn und innerhalb von sechs Minuten längere Laufstrecken zurücklegen
Interessanterweise erwies sich die Zusammensetzung der Teilnehmenden hinsichtlich Aspekten wie Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand als repräsentativ für die breitere Population von Dialysepatient:innen, wie durch den Abgleich mit Daten von Krankenversicherungen festgestellt wurde. Das untermauert die Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf die breite Population Nierenerkrankter in Deutschland und weltweit.
Die Studie eines Konsortiums der Technischen Universität München (TUM) um Martin Halle stellt zur Zeit die weltweit umfangreichste Untersuchung zu sportlicher Aktivität während der Dialyse von Menschen mit spezifischer Nierenerkrankung dar.
Über einen Zeitraum von zwölf Monaten wurden die Teilnehmenden, in zwei Gruppen aufgeteilt, behandelt. Eine Hälfte von ihnen absolvierte während ihrer Dialyse mindestens einmal pro Woche und idealerweise dreimal wöchentlich ein begleitetes intradialytisches Training, während die andere Gruppe lediglich medizinisch betreut wurde. Das spezifische Training bestand aus 30 Minuten Ausdauertraining auf einem Ergometer sowie weiteren 30 Minuten aufgabenspezifischen Übungen mit Gewichten, elastischen Bändern und Bällen. Dabei wurden die Übungen individuell an die jeweiligen Möglichkeiten der Patient:innen angepasst, um eine optimale Umsetzung zu gewährleisten.
Signifikante Verbesserungen in standardisierten Tests

Nach einem Jahr hatte sich der Gesundheitszustand der Teilnehmenden deutlich verbessert. Unter anderem konnten sie häufiger innerhalb einer Minute aus dem Sitzen aufstehen als zu Beginn und innerhalb von sechs Minuten längere Laufstrecken zurücklegen. In der Kontrollgruppe waren diese Werte am Ende sogar niedriger als zu Beginn.

„Solche standardisierten Tests wirken zunächst einmal nicht sehr alltagsnah“, erklärt Martin Halle in einer Pressemeldung der TUM. „Tatsächlich zeigen die Ergebnisse aber einen Gewinn an Lebensqualität und Selbstbestimmung. Die Betroffenen können beispielsweise zu Hause ohne Unterstützung aus einem Sessel aufstehen, was vorher nicht immer der Fall war.“ Ein weiteres Zeichen für die positiven Auswirkungen des Trainings: Die Zahl der Tage, die Teilnehmende innerhalb des Studienzeitraums im Krankenhaus verbrachten, war mit einem regelmäßigen Training nur halb so groß wie in der Kontrollgruppe – zwei Tage im Mittel im Vergleich zu fünf.
Mit vergleichsweise geringem Aufwand können wir die Gesundheit der Betroffenen verbessern und zudem Kosten für das Gesundheitssystem senken.
Geringe Kosten pro Trainingseinheit

„Für mich sprechen die Ergebnisse eine deutliche Sprache“, gibt Martin Halle in der Pressemeldung der TUM weiter zu Protokoll. „Mit vergleichsweise geringem Aufwand können wir die Gesundheit der Betroffenen verbessern und zudem Kosten für das Gesundheitssystem senken.“ Nach Berechnungen der Forschenden lägen die Kosten für ein individualisiertes Training ungefähr bei 25 Euro pro Trainingseinheit und Person.
Zukunftsbilanz positiv

Diese wegweisende Studie liefert vielversprechende Erkenntnisse darüber, wie sportliche Aktivität während der Dialyse das Wohlbefinden und die Gesundheit von Patienten mit Nierenerkrankungen verbessern kann. Die Ergebnisse legen nahe, dass ein begleitetes Training während der Dialyse eine sinnvolle Ergänzung zur medizinischen Betreuung darstellt und dazu beitragen kann, Krankenhausaufenthalte zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern.
Angesichts dieser viel­versprechenden Ergebnisse empfehlen die Forschenden, dass ein Training während der Dialyse als Standardangebot implementiert werden sollte.
Angesichts dieser vielversprechenden Ergebnisse empfehlen die Forschenden, dass ein Training während der Dialyse als Standardangebot implementiert werden sollte. Die Möglichkeit, während der Behandlung körperliche Aktivität auszuüben, könnte einen bedeutsamen Einfluss auf die Gesundheit und Lebensqualität der Patient:innen haben und langfristig das Gesundheitssystem entlasten.

Den Abschlussbericht zu der Studie, die aus dem Innovationsfonds der Krankenkassen finanziert wurde, hat das Konsortium DiaTT in Deutschland bereits dem Gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen überreicht. In diesem Gremium wird darüber entschieden, ob Training während der Dialyse zu einem Angebot für alle Versicherten wird. „Ich hoffe, dass unser Trainingsprogramm zur Kassenleistung wird“, erklärt Martin Halle hierzu. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig ein ganzheitlicher Blick auf Gesundheit gerade bei alten und gebrechlichen Patienten ist. High-Tech-Medizin ist wichtig, ihr volles Potenzial kann sie aber nur in Kombination mit anderen Feldern wie der Präventionsmedizin erreichen.“

Sicher sind auch in der Zukunft noch weitere Untersuchungen notwendig. Vor allem, um die langfristigen Auswirkungen dieses Ansatzes zu verstehen. In den kommenden Jahren sollen die Studienteilnehmer weiter begleitet werden, um mehr über die Effekte eines langfristigen Trainings in Erfahrung zu bringen.
THERAPY 2023-III
THERAPY Magazin
Wissenschaft
Author
Christian Gorbach
Spezialist Klinische Applikationen, Fachbereich Dialyse
Christian Gorbach ist spezialisiert auf das Thema Sport während der Dialyse. Seine Erfahrung fusst auf seiner mehrjährigen Tätigkeit als Projektleiter Dialyse bei THERA-Trainer. Er verfügt über ein breites Fachwissen und ist in der Branche mit vielen Fachleuten vernetzt.
Author
Jakob Tiebel
Inhaber, N+ Digital Health Agency
Jakob Tiebel Studium in angewandter Psychologie mit Schwerpunkt Gesundheitswirtschaft. Klinische Expertise durch frühere therapeutische Tätigkeit in der Neurorehabilitation. Forscht und publiziert zum Theorie-Praxis- Transfer in der Neurorehabilitation und ist Inhaber von Native. Health, einer Agentur für digitales Gesundheitsmarketing.
References:
  1. https://www.tum.de/aktuelles/alle-meldungen/pressemitteilungen/details/gesuender-durch-training-waehrend-der-dialyse