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Technologie & Entwicklung
Muskelmechanik messen

Wie ein Bewegungstrainer hilft, Muskelverhalten besser zu verstehen

Author
Jakob Tiebel
Unternehmensberater Gesundheitswesen
Was passiert mit unseren Muskeln, wenn sie bewegt werden – ohne dass wir sie bewusst an­spannen? Eine neue Studie zeigt, wie passives Training helfen kann, muskuläre Veränderungen objektiv zu erfassen. In der neurologischen Rehabilitation – etwa nach einem Schlaganfall oder bei Multipler Sklerose – verändert sich der
Muskeltonus häufig. Spastik, erhöhte Muskelsteifigkeit oder passive Bewegungs­einschränkungen können die Folge sein. Doch wie lassen sich diese Veränderungen verlässlich messen? Und wie kann man erkennen, ob eine Therapie – z. B. physikalische Anwendungen oder passives Bewegungstraining – Wirkung zeigt?


in Forschungsteam der Kawasaki University of Medical Welfare hat nun eine neue, vielversprechende Methode getestet: passive Beinbewegung mit dem THERA-Trainer Mobi 540, kombiniert mit einer speziellen Sensorik zur Erfassung von Muskelbewegungen – der sogenannten Displacement Mechanomyography (DMMG).
Was wurde untersucht?
In der Studie wurden gesunde Erwachsene auf dem THERA-Trainer Bewegungstrainer passiv bewegt – das Gerät drehte die Pedale motorgestützt, während die Teilnehmenden passiv der zyklischen Bewegung folgten. Dabei maßen Sensoren kleinste Verformungen der Oberschenkelmuskulatur. Diese entstehen allein durch die äußere Bewegung – ähnlich wie bei einem Patienten mit starker Lähmung oder Spastik.

Besonders interessant war der zeitliche Abstand zwischen der tatsächlichen Gelenkbewegung (Pedal­rotation) und der Reaktion des Muskels (sichtbar in den DMMG-Signalen). Dieses sogenannte Phasen­verhalten kann Hinweise auf die Gewebeeigenschaft der Muskulatur geben – etwa auf eine erhöhte Muskelsteifigkeit, die z. B. durch Spastik, Immobilität oder entzündliche Prozesse bedingt sein kann.
Was zeigte die Studie?
Bei schnellerer passiver Bewegung veränderte sich das Phasenverhalten der Muskulatur deutlich. Der Muskel reagierte verzögert auf die Bewegung – ein mögliches Zeichen für erhöhte intramuskuläre Trägheit.

Wurde der Muskel vor dem Training mit Wärme behandelt, war die Verzögerung geringer. Das spricht dafür, dass thermische Anwendungen die passiven Widerstände im Muskel reduzieren – also eine kurzfristige Tonusminderung oder verbesserte Dehnbarkeit ermöglichen. Die Größe der Muskelbewegung selbst blieb konstant. Die „Qualität“ der Reaktion – also der zeitliche Ablauf – lieferte die aussagekräftigeren Hinweise als das Ausmaß der Bewegung.
Warum ist das wichtig für die Praxis?
In der neurologischen Rehabilitation ist es oft schwer, zwischen aktiver Spastik, strukturellen Gewebe­veränderungen und adaptiv erhöhtem Muskeltonus zu unterscheiden. Diese Studie zeigt, dass sich durch passives Training mit dem THERA-Trainer und begleitender Messung des Phasenverhaltens wertvolle Informationen gewinnen lassen:

• Objektive Einschätzung passiver Muskelwiderstände
• Differenzierung zwischen tonischen Reaktionen und strukturellen Verkürzungen
• Verlaufsbeurteilung nach Wärmeanwendungen oder passivem Training

Besonders interessant: Da die Messungen bei passiver Bewegung erfolgen, funktioniert die Methode auch bei Personen, die selbst nicht mitarbeiten können – ein klarer Vorteil insbesondere für mögliche Anwendungen im Rahmen der Frührehabilitation oder bei schwer Betroffenen.
Fazit
Der THERA-Trainer wurde in dieser Studie nicht als Trainingsgerät im klassischen Sinne genutzt, sondern als Messinstrument für muskuläre Reaktionen. In Kombination mit DMMG-Sensorik eröffnet sich so ein neuer Weg, adaptives Muskelverhalten, Spastik und passiven Widerstand differenzierter zu verstehen und gezielt zu beeinflussen – ohne aufwändige Technik, direkt im klinischen Alltag einsetzbar.
Muskelverhalten bei Spastik, Immobilität oder Tonuserhöhung differenziert erfassen
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Author
Jakob Tiebel
Unternehmensberater Gesundheitswesen
Jakob Tiebel, Ergotherapeut, Studium in angewandter Psychologie mit Schwerpunkt Gesundheitswirtschaft. Klinische Expertise durch frühere therapeutische Tätigkeit in der Neurorehabilitation. Forscht und publiziert zum Theorie-Praxis-Transfer in der Neurorehabilitation und ist Inhaber von einer Agentur für digitales Gesundheitsmarketing.
References:
  1. Fukuhara, S., Oka, H. Displacement MMG-based estimation of dynamic muscle viscoelasticity in the quadriceps during passive pedaling. Sci Rep 15, 3538 (2025). https://doi.org/10.1038/s41598-025-87842-7