icon-contact-phone
icon-contact-mail
icon-contact-search
Menü
THERAPY Magazin
Rückblick: DGNR-Kongress 2024

Der DGNR-Kongress 2024 beleuchtet zentrale Weichenstellungen für die Neurorehabilitation – von Gesundheitspolitik bis Robotik. Jetzt Einblicke gewinnen und die Zukunft aktiv mitgestalten.

Author
Jakob Tiebel
Inhaber, N+ Digital Health Agency
Fortschritt, Weichenstellungen und Perspektiven für die Zukunft der Neurorehabilitation
Der DGNR-Kongress 2024, der vom 6. bis 8. Dezember in Düsseldorf stattfand, stand unter dem Leitthema „Weichenstellungen für die Zukunft der Neurorehabilitation“. Führende Experten aus Medizin, Therapie, Wissenschaft und Politik kamen zusammen, um über die wegweisenden Entwicklungen und Herausfor­derungen der kommenden Jahre zu diskutieren.
Zentrale Themen und Weichenstellungen

In diesem und den nächsten Jahren werden Ent­scheidungen getroffen, die die zukünftige Ent­wicklung der Neurorehabilitation maßgeblich beeinflussen. Der Kongress widmete sich in diesem Rahmen zwei Schwerpunkten, die als roter Faden dienten:
Gesundheitspolitik und Krankenhausplanung

Die strategische Neuausrichtung der Kranken­hausplanung wird voraussichtlich erhebliche Aus­wirkungen auf die Neurorehabilitation in Deutschland haben. Entscheidungen, die in den kommenden Jahren getroffen werden, betreffen nicht nur die Frührehabilitation von Patienten mit neurologischen Erkrankungen oder die Ent­wöhnung von Beatmungsgeräten (Weaning) im Krankenhaus, sondern auch die Organisation und Qualität aller nachgelagerten Rehabilitationsphasen.
Zukunftsweisende Entscheidungen prägen die Organisation und Qualität der Neurorehabilitation.
Die Teilnehmerinnen des Kongresses betonten, dass diese Veränderungen weitreichende Folgen für den gesamten Rehabilitationsprozess haben könnten – angefangen bei der stationären Ver­sor­gung bis hin zu ambulanten und außerklinischen Leistungen. Politische Weichenstellungen in Be­reichen wie Ressourcenverteilung, Personalplanung und Infrastruktur werden eine entscheidende Rolle dabei spielen, wie Patientinnen Zugang zu spezialisierter Rehabilitation erhalten und wie deren Versorgung langfristig gestaltet wird.

Ein zentraler Diskussionspunkt war, wie diese Entwicklungen aktiv gestaltet werden können, um sicherzustellen, dass auch in einem veränderten Versorgungssystem hochwertige, effektive und pa­tientenzentrierte Rehabilitationsangebote gewähr­leistet bleiben. Dabei wurde deutlich, dass es einer engen Zusammenarbeit zwischen politischen Ent­scheidungsträgern, medizinischen Fachkräften und Gesundheitseinrichtungen bedarf, um zukunfts­sichere Lösungen zu entwickeln.

Diese Gespräche verdeutlichten, dass Deutschland vor einer wichtigen Phase steht, in der der Grund­­stein für die Zukunft der Neurorehabili­ta­tion gelegt wird – mit möglichen Auswirkungen, die über das nationale Gesundheitssystem hin­­aus­gehen könnten.
Technologische Innovationen

Technologien wie Virtual Reality (VR), Neuro­robotik, digitale Gesundheitsanwendungen und künstliche Intelligenz (KI) verändern die Land­schaft der Neurorehabilitation in rasantem Tempo. Diese Innovationen eröffnen faszinierende Mög­lichkeiten: VR ermöglicht immersive Trainingsumgebungen, die Patienten motivieren und die
Neuroplastizität fördern. Neurorobotik bietet prä­zise Bewegungsunterstützung und Feedback für motorische Rehabilitation. Digitale Gesundheits­anwendungen und Reha-Apps machen Therapien unabhängig von Ort und Zeit zugänglich und ermöglichen Patienten ein eigenständiges Trai­ning zu Hause. KI-basierte Diagnostik und Therapie­anpassung können die Effizienz und Wirksamkeit von Behandlungsplänen weiter verbessern.

Welche Rolle spielen Rehabilitationseinrichtungen in Zukunft? Während Reha-Apps und digitale Lösungen flexiblen Zugang bieten, bleibt unklar, ob sie die komplexen Anforderungen vieler Patienten vollständig abdecken können. Für schwer betrof­fene Patienten könnte die persönliche Betreuung und interdisziplinäre Zusammenarbeit in statio­nären Einrichtungen weiterhin essenziell sein.

Wie wird die Technologie in bestehende Systeme integriert? Neue Technologien erfordern nicht nur Investitionen, sondern auch Anpassungen in der Infrastruktur und Schulung des Personals.

Werden diese Innovationen allen Patienten zu­gänglich sein? Die Diskussion um digitale Gesund­heitslösungen wirft Fragen der Chancengleichheit und Zugänglichkeit auf, insbesondere für ältere oder weniger technikaffine Patienten.

Die Zukunft der Neurorehabilitation wird vermut­lich in einer hybriden Kombination aus Techno­logie und persönlicher Betreuung liegt. Digitale Anwendungen können therapeutische Angebote ergänzen, jedoch nicht vollständig ersetzen – ins­besondere bei komplexen Fällen, die einen inter­disziplinären Ansatz erfordern. Klar wurde auch, dass es einer engen Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis bedarf, um die Technologien effektiv und nachhaltig in die Versorgung zu integrieren.

Die Neurorehabilitation steht damit vor einer span­nenden Herausforderung: die Balance zwischen technologischem Fortschritt und menschlicher Be­treuung zu finden, um Patienten die bestmögliche Versorgung zu bieten.
Highlights und Diskussionen

Die Fachvorträge und Workshops boten tiefe Ein­blicke in die neuesten Forschungsergebnisse und deren praktische Anwendung. Besonders spannend war die Frage nach der Zukunft stationärer Re­habilitationseinrichtungen und wie diese sich mit digitalen Angeboten verzahnen können.

In der begleitenden Industrieausstellung präsen­tierten Unternehmen die neuesten Technologien und Geräte, darunter VR-Systeme, KI-gestützte Diagnostik und robotergestützte Trainingsgeräte. Viele dieser Innovationen wurden auch in der Industrieausstellung präsentiert, und in den Work­shops und Vorträgen kritisch diskutiert.

Diese Vorträge unterstrichen, wie eng die Zu­kunft der Neurorehabilitation mit innovativen Technologien, personalisierten Ansätzen und einer evidenzbasierten Versorgung verbunden ist. Sie zeigten auf, wie Forschung und Praxis zusam­menwirken können, um die Lebensqualität der Patienten nachhaltig zu verbessern.
Robotergestützte Therapieverfahren: Trends und Herausforderungen

Tiebel präsentierte für den Fachausschuss Neu­rologie des Berufsverbandes Ergotherapeuten in einem State-of-the-Art-Vortrag eine umfassende Übersicht über den Einsatz moderner computer- und robotergestützter Therapieverfahren in der Neu­orehabilitation. Neben der Evidenzlage wur­den insbesondere Herausforderungen bei der prak­tischen Implementierung beleuchtet – jeweils auf Basis zugrundeliegender Wirkprinzipien. Tiebel bot über den Status Quo in der Neurorehabilitation einen Ausblick auf Trends wie personalisierte Robotik und virtuelle Trainingsmethoden, die in Zukunft die Therapie beeinflussen und prägen werden.
Vielfalt robotischer Systeme: Zielgerichteter Einsatz

Fischer aus Bad Homburg diskutierte die zu­nehmende Vielfalt robotischer Systeme und warf die Frage auf, welche Technologie für welchen Patienten am besten geeignet ist. Fischer betonte in dem Zusammenhang, dass der Schlüssel zum Erfolg in einer präzisen Zielsetzung und indi­viduellen Anpassung der Geräte liegt. Standards zur Qualitätssicherung und Schulungen für The­rapeuten seien dabei essenziell.
Strukturierte Ansätze für das Gangtraining

Lamprecht präsentierte strukturierte Ansätze für ein effektives Gangtraining, das sich an den indi­viduellen Fähigkeiten und Zielen der Patienten orientiert. Von der Laufbandtherapie bis hin zu Hausbesuchen mit gezieltem Gleichgewichtstrai­ning wurden verschiedene Optionen vorgestellt. Zudem regte er eine Diskussion über die Rolle der posturalen Kontrolle und die Bedeutung von Gleichgewichtstraining in späteren Rehabilita­tions­phasen an.
Digitale Technologien erweitern die Möglichkeiten, erfordern jedoch hybride Versorgungslösungen.
Endeffektor-gesteuertes Gangtraining bei schwerem Neglect

Gorsler und Kollegen aus Brandenburg betonten in ihrem Vortrag, wie frühzeitiges, endeffektor-gesteuertes Gangtraining die Gehfähigkeit und Balance bei Patienten mit schwerem Neglect verbessern kann. Besonders bei schwer betroffenen Patienten waren Fortschritte in der Rumpfstabilität und im Gleichgewicht erkennbar.
S3-Leitlinie „Therapie der Mobilität nach Schlaganfall“

Im Fokus des Vortrags von Unger und Dohle (Witten/ Berlin) stand die S3-Leitlinie „Therapie der Mobilität nach Schlaganfall“ (TheMoS), die neben Therapieempfehlungen in Zukunft auch konkrete Umsetzungskonzepte für die Praxis bereitstellen soll. Die Autoren zeigten, dass die Verbreitung und Nutzung von evidenzbasierten Leitlinien in der Praxis oft unzureichend ist. Die vorgestellten Ansätze zur Implementierung betonten die Not­-wendigkeit spezifischer Strategien und Tools, um die Leitlinien für Therapeuten, Patienten und andere Akteure in der Gesundheitsversorgung an­wendbar zu machen. Die Ergebnisse einer sys­tematischen Literaturrecherche zu Implemen­tie­rungskonzepten untermauerten die Bedeutung solcher Ansätze und boten praxisnahe Lösungen, um die Versorgung bei Schlaganfällen nachhaltig zu verbessern. Die Forscher stellten in Aussicht, dass in Anlehnung an die aktuelle ReMoS Leitlinie auch wieder eine digitale Version der Leitlinie verfügbar gemacht werden soll. Die Ergebnisse und die Veröffentlichung sind für Anfang 2026 zu erwarten.
Nachhaltigkeit und Perspektiven

Der DGNR-Kongress 2024 war nicht nur eine Plattform für den fachlichen Austausch, sondern auch ein Aufruf zur aktiven Mitgestaltung der zukünftigen Rehabilitation. Wir möchten nicht nur informieren, sondern auch sichtbar Einfluss nehmen und gemeinsam Weichen für eine patientenzentrierte, innovative und nachhaltige Neuro­rehabilitation stellen, betonte das Or­ga­nisationsteam.
Fazit und Ausblick

Der Kongress hat eindrucksvoll gezeigt, dass die Neurorehabilitation vor spannenden, aber auch komplexen Herausforderungen steht. Die Weichenstellungen, die heute getroffen werden, haben das Potenzial, die Versorgung in den nächsten Jahrzehnten grundlegend zu verändern. Der DGNR-Kongress bleibt eine unverzichtbare Plattform für alle, die diese Zukunft aktiv mitge­stalten wollen – und ein Ort, an dem die Synergien zwischen Politik, Technologie und Patienten­orientierung zukunftsweisend diskutiert werden.

Merken Sie sich schon jetzt den Termin für 2025 vor, um die Diskussion fortzuführen und weitere Innovationen zu erleben!
Fachkreise
Technologie & Entwicklung
THERAPY 2025-I
THERAPY Magazin
Author
Jakob Tiebel
Inhaber, N+ Digital Health Agency
Jakob Tiebel Studium in angewandter Psychologie mit Schwerpunkt Gesundheitswirtschaft. Klinische Expertise durch frühere therapeutische Tätigkeit in der Neurorehabilitation. Forscht und publiziert zum Theorie-Praxis- Transfer in der Neurorehabilitation und ist Inhaber von Native. Health, einer Agentur für digitales Gesundheitsmarketing.
References: