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THERAPY-Magazin
Weniger Angst vor dem Sturz!

Eine Studie zeigt, dass robotergestütztes Gangtraining mit dem THERA-Trainer e-go bei Patienten mit erworbener Hirnschädigung signifikante Verbesserungen der Gangsicherheit und eine Reduzierung der Sturzangst bewirken kann. Das aufgabenspezifische Training fördert die Gehfähigkeit und stärkt das Selbstvertrauen der Patienten im Alltag.

Author
Jakob Tiebel
Inhaber, N+ Digital Health Agency
Einfluss von robot-assistivem Gangtraining mittels THERA-Trainer e-go auf die selbsterlebte Gangsicherheit von Patienten mit erworbener Hirnschädigung.
Einleitung

Oberstes Therapieziel jedes Menschen ist das Wiedererlangen bzw. das Erhalten uneinge­schränkter Selbstständigkeit. Ein wichtiges Element der Selbstständigkeit ist die Gehfähigkeit. Aus zahl­reichen Untersuchungen geht hervor, dass Einschränkungen in der Gehfähigkeit bei Patienten mit neurogenen Bewegungsstörungen ein zentra­les Problem darstellen. Die körperliche Aktivität
der Betroffenen ist oft stark reduziert und die Ba­lancefähigkeit eingeschränkt.

Dies hat negative Aus­wirkungen auf die verschiedenen Alltagsaktivi­täten und die individuelle Lebensqualität. Daraus resultiert häufig ein um ein Vielfaches erhöhtes Sturzrisiko. Die Betroffenen befinden sich in einem Teufelskreis aus Angst und Vermeidungsverhalten.
Für das Wiedererlernen des Gehens hat sich ein aufgabenspezifischer Therapieansatz als besonders wirksam erwiesen. Betroffene müssen das Gehen in der Funktion üben. Und das möglichst intensiv und ausdauernd. Entscheidend ist ein Training an der individuellen Leistungsgrenze. Dazu gehört bei vorhandenen Gleichgewichtsstörungen auch das Gehen im multimodalen Setting (Mehrfachaufgaben) mit und ohne Störungen (Perturbationen). So kann das Vertrauen in die eigenen Fähigkei­ten zurückgewonnen werden. Doch wie ist das im klinisch-therapeutischen Setting möglich, ohne das Risiko eines Sturzes zu provozieren und vorhandene Ängste bei Betroffenen zu manifestieren?

Der THERA-Trainer e-go ist ein mobiler Gang­-
trainer, der die Therapie sinnvoll unterstützen kann. Es handelt sich dabei um ein mit Elektro­motoren ausgestattetes mobiles Trainingsgerät. Der
Patient ist während der Therapie durch einen Beckengurt an einem Halterahmen gesichert. Der Oberkörper wird dabei nicht beeinflusst. Durch die Beckengurtsicherung ist der Patient jedoch vollständig gegen Stürze gesichert, sodass ein kontrolliertes Gehtraining in der Ebene ohne die Entlastung des Körpergewichtes möglich wird.
Die Steuerung erfolgt durch den Therapeuten über eine kabelgebundene Bedieneinheit. Durch eine stufenlose Geschwindigkeitsregulierung kann eine an das Leistungsniveau des Patienten angepasste Geschwindigkeit gewählt werden. Auch ein Forcieren höherer Gehgeschwindigkeiten und Tempowechsel sind möglich. Richtungswechsel können aus dem Stand und in der Vorwärtsbewegung vorgenommen werden. Der THERA-Trainer e-go verfügt außerdem über eine zweistufig einstellbare Balance-Auslöseeinheit, wodurch während des Trainings eine individuelle Anpassung an die Gleichgewichtsfähigkeit des Patienten erfolgen kann.

Der Patient geht selbstständig, was eine aktive Verlagerung des Körperschwerpunktes erfordert. Auch längere Gehstrecken bis an die Belastungsgrenze sind dadurch ohne Sturzrisiko möglich. Die Arme können während des Gehens reaktiv mitschwingen. Auch Alltagsaktivitäten wie das Tragen und Transportieren von Gegenständen kann unter realistischen Bedingungen geübt werden. Mit Weichbodenmatten und geeigneten Trittflächen, die mit dem THERA-Trainer e-go überfahren werden können, lassen sich verschiedene Untergründe simulieren. Dadurch wird das Training spezifisch, aufgabenorientiert und all­tagsrelevant. Die Eigenaktivität des Patienten wird gefördert.

Stand 2018 wird der THERA-Trainer e-go bereits international in zahlreichen Rehabilitations­einrichtungen in der Gangtherapie eingesetzt. Bislang nur unzureichend erforscht ist jedoch der Einfluss des Trainings auf die selbsterlebte Gang­­-­
sicherheit und Selbstwirksamkeit von Patienten mit erworbener Hirnschädigung.

Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung des Einflusses von robot-assistivem Gangtraining (RAGT) mittels THERA-Trainer e-go auf die selbsterlebte Gangsicherheit und Selbstwirksamkeit im Rahmen einer Post-Market Clinical Follow-Up Evaluation.
Methodik
Aus mehreren stationären neurologischen Re­habilitations­einrichtungen konnten insgesamt 26 eingeschränkt gehfähige Patienten, Alter 65.3 (±11.1), 15 Schlaganfall (58 %), 4 Multiple Sklerose (15 %), 3 Morbus Parkinson (11 %), 2 Hirnblutung (8 %), 1 Ence­phalitis (4 %), 1 Rückenmarks­verletzung (4 %) rekrutiert und in die Fallserien-Interventionsstudie eingeschlossen werden.
Einschlusskriterien

-mindestens dreiwöchiger Klinikaufenthalt
-neurologische Erkrankung mit einer Störung der Gehfähigkeit
-Kognitive Voraussetzungen, an der Therapie und den Testverfahren teilzunehmen und den Anwei­sungen der Untersuchungsbeauftragten zu folgen
-Interesse und Motivation zur Teilnahme
Ausschlusskriterien

-mangelnde initiale Gehfähigkeit (FAC 4)
-gesundheitliche Verfassung, nicht im submaximalen Bereich trainieren zu können
-Schmerzen während der Therapie mit dem THERA-Trainer e-go
Intervention

Im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme er­hielten die Patienten in Ergänzung zur konventionellen Physio- und Ergotherapie (durchschnittlich 2,8 ± 1,6 Trainingseinheiten pro Woche) an bis zu fünf Tagen in der Woche ein 30-mi­nü­tiges aufgabenspezifisches Gangtrai­­n­ing mit dem THERA-Trainer e-go. Der Interventionszeitraum betrug 3 Wochen.
Messvariablen

Zentrales Element war die Erhebung von Patient Reported Outcomes (PROs) am Ende der Interventionsphase (T1). Ergänzend wurden zu Beginn (T0) und zum Ende (T1) standardisierte motorische Assessments durchgeführt.

Das individuelle Sturzrisiko der Patienten wurde mittels Functional Reach Test (FR) erhoben. Der FR ist ein dynamischer Gleichgewichts­­test, der in der Praxis einfach anwendbar ist und ein kontinuierliches Score-System verwendet. Er misst in Zentimetern, wie weit ein Patient in sicherem Stand mit ausgestrecktem rechtem Arm nach vorne reichen kann. Patienten mit neurogenen Bewegungsstörungen kann es dabei passieren, dass sie das Gleichgewicht verlieren oder gar stürzen. Wie groß die Unsicherheit und das damit verbun­dene Sturzrisiko ist, kann von den Messergebnissen abgeleitet werden.

Die subjektive Gangsicherheit bzw. die Angst zu stürzen wurde mittels Falls Efficacy Scale (FES) erfasst. Da Angst eine latente Variable ist, die nicht direkt operationalisierbar ist, hilft die auf Frage-Items basierende FES, die sturzassoziierte Selbstwirksamkeit standardisiert zu erfassen. Die zu messende Person schätzt dazu die individuellen Kompetenzen ein, bestimmte Handlungen, die mit dem Risiko eines Sturzes assoziiert sind, erfolg­reich zu bewältigen.

Die Erfassung der PROs dienten dazu, die Perspektive des Patienten zu beleuchten, die durch die klinischen Messvariablen in der Form nicht erfasst wird, für den Patienten und seine Therapietreue jedoch von Bedeutung ist. Selbstverständlich müssen Behandlungen klinisch wirksam und rentabel sein, sie sollten aber auch für die Patienten akzeptable und tatsächlich wünschenswerte Ergebnisse lie­fern. Maße für die klinische Wirksamkeit geben in der Regel keine Auskunft darüber, wie ein Patient sich fühlt oder funktioniert oder was er durch die Behandlung zu erreichen glaubt. Das Messen dieses Elements der Akzeptanz erfordert auf Patienten beruhende Evidenz, die Maße des Wohlbefindens einschließen. Das PRO wurde in vier Dimensionen erfasst. Auf einer fünfstufigen Likert-Skala (1 nicht zutreffend bis 5 zutreffend) konnten die Patienten am Ende des Interventionszeitraumes den Einfluss des Trainings auf die Gehfähigkeit, Gangsicher­heit, das Gleichgewicht und ihre Selbstständigkeit im Alltag subjektiv bewerten.
Statistik

Die Datenerfassung und deskriptive Statistik erfolgte mit Microsoft Excel (Version 16.14.1). Die inferenzstatistische Analyse mit dem Statistikprogramm JASP (Version 0.9.0.1). Die gepaarten Stichproben der variablen Gehgeschwindigkeit, Gehstrecke, FES und FR wurden nicht-parametrisch mittels Wilcoxon-Test für gepaarte Stichproben ausgewertet, da für alle Messvariablen die Voraussetzungen zur Anwendung parametrischer Testverfahren nicht erfüllt waren. Das Signifikanzniveau wurde zweiseitig auf α <0.05 festgelegt.
Ergebnisse

Insgesamt konnten 26 Patienten im Alter von 65.3 (11.1) Jahren in die Auswertungen einge­schlossen werden. Analysiert wurden die Daten­sätze aus insgesamt 209 Trainingseinheiten. Jeder Patient absolvierte durchschnittlich 8.58 (95 % KI: 6.05, 11.11) Trainingseinheiten innerhalb des dreiwöchigen Interventionszeitraumes.
Im FR verbesserten die Patienten ihre Reichweite um durchschnittlich 5,25 cm (95 % KI: 2.09, 8.4; p=.004). Die Sturzangst verringerte sich um durchschnittlich 5.19 (95 % KI 2.12, 8.25; p=.003) Punkte auf der FES.

Die Pre-Post-Analyse der Trainingsdaten zeigt eine signifikante Steigerung der Gehstrecke um 353.92 Meter (95 % KI: 251.4, 456.43; p=<.001) und der Gehgeschwindigkeit um 0.73 km/h (95 % KI: 0.54, 0.92; p<0.001) im Therapieverlauf.

Die PROs zeigen, dass das Training mit dem THERA-Trainer e-go aus Sicht der Patienten po­sitiven Einfluss auf die Gehfähigkeit und Gang­sicherheit hatte und zu Verbesserungen im Bereich des Gleichgewichtes und der Selbstständigkeit im Alltag führte.
Schlussfolgerung

Ziel war die Untersuchung des Einflusses von robot-assistivem Gangtraining (RAGT) mittels THERA-Trainer e-go auf die selbsterlebte Gangsicherheit von Patienten mit erworbener Hirnschädigung. Die Auswertungen zeigen, dass sich das Gleichgewicht der Patienten im Verlauf signifikant verbesserte und die Sturzangst signifikant abnahm. Mehr als 80 % der Patienten führten diese Verbesserungen unter anderem auf das aufgabenspezifische Training mit dem THERA-Trainer e-go zurück.

Das Gangtraining mittels THERA-Trainer e-go stellt somit eine sinnvolle Ergänzung zur konventionellen Gangtherapie in der neurologischen Rehabilitation dar. Patienten erleben durch das Trai­­ning eine Verbesserung gangspezifischer Parameter und profitieren auf Partizipationsebene von einer gesteigerten Selbstwirksamkeit.
Ambulante Rehabilitation
Fachkreise
Gait
Stationäre Rehabilitation
THERAPY Magazin
Training zu Hause
Wohnen im Alter & Langzeitpflege
Author
Jakob Tiebel
Inhaber, N+ Digital Health Agency
Jakob Tiebel Studium in angewandter Psychologie mit Schwerpunkt Gesundheitswirtschaft. Klinische Expertise durch frühere therapeutische Tätigkeit in der Neurorehabilitation. Forscht und publiziert zum Theorie-Praxis- Transfer in der Neurorehabilitation und ist Inhaber von Native. Health, einer Agentur für digitales Gesundheitsmarketing.
References:
  1. Duncan, P. W./Studenski, S./Chancler, J./Prescott B.: Functional reach: Predictive validity in a sample of elderly male veterans, in: Journal of Gerontology 47, 1992, 3, 93-98.
  2. Duncan, P. W./Weiner, D. K./Chancler, J./Studenski, S.: Functional reach: A new clinical measure of balance, in: Journal of Gerontology 45, 1990, 6, 192-197.
  3. Tiebel J. (2018): Intensive continuous therapy for paraplegia, THERAPY Magazine, 2(1), 38-41.
  4. Tiebel, J. (2018): Back to everyday life, step by step, THERAPY Magazine, 2(1), 42-43.
  5. Tiebel, J. (2018): Practice walking by walking, THERAPY Magazine, 2(1), 20-24.
  6. Tiebel, J. (2018): Putting hybrid gait trainers to the test, THERAPY Magazine, 2(1), 30-37.
  7. Yardley, L./Beyer, N./Hauer, K./Kempen, G./Piot-Ziegler, C./Todd, C. (2005): Development and initial validation of the Falls Efficacy Scale International (FES-I). Age and Ageing, 34(6), 614-619.

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