Sport während der Dialyse? Die Wirksamkeit von intradialytischem Sport war bisher nur schwach belegt, da Studienergebnisse widersprüchlich waren und methodische Schwächen aufwiesen. Aufgrund einer groß angelegten, multizentrischen Studie, geleitet von der Technischen Universität München (TUM), konnte nun endlich nachgewiesen werden, dass Patient:innen, die während der Blutwäsche ein gezieltes Bewegungsprogramm durchführen, körperlich fitter sind und seltener im Krankenhaus behandelt werden müssen.
Ergebnisse der multizentrischen Dialyse Training-Therapie Studie, durchgeführt in 21 Dialysezentren
Die vorliegende Dialyse-Trainings-Therapie (DiaTT) Studie, veröffentlicht im Juni 2023 im renommierten "New England Journal of Medicine – Evidence", umfasste eine beeindruckende Teilnehmergruppe von etwa 1000 Patient:innen aus 21 Dialysezentren in Deutschland. Die Studie eines Konsortiums der Technischen Universität München (TUM) um Martin Halle stellt zurzeit die weltweit umfangreichste Untersuchung zu sportlicher Aktivität während der Dialyse von Menschen mit spezifischer Nierenerkrankung dar. Interessanterweise erwies sich die Zusammensetzung der Teilnehmenden hinsichtlich Aspekten wie Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand als repräsentativ für die breitere Population von Dialysepatient:innen, wie durch den Abgleich mit Daten von Krankenversicherungen festgestellt wurde. Das untermauert die Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf die breite Population Nierenerkrankter in Deutschland und weltweit.
Die Studie eines Konsortiums der Technischen Universität München (TUM) um Martin Halle stellt zur Zeit die weltweit umfangreichste Untersuchung zu sportlicher Aktivität während der Dialyse von Menschen mit spezifi scher Nierenerkrankung dar.
Über einen Zeitraum von zwölf Monaten wurden die Teilnehmenden, in zwei Gruppen aufgeteilt, behandelt. Eine Hälfte von ihnen absolvierte während ihrer Dialyse mindestens einmal pro Woche und idealerweise dreimal wöchentlich ein begleitetes intradialytisches Training, während die andere Gruppe lediglich medizinisch betreut wurde. Das spezifische Training bestand aus 30 Minuten Ausdauertraining auf einem Ergometer sowie weiteren 30 Minuten aufgabenspezifischen Übungen mit Gewichten, elastischen Bändern und Bällen. Dabei wurden die Übungen individuell an die jeweiligen Möglichkeiten der Patient:innen angepasst, um eine optimale Umsetzung zu gewährleisten.
Signifikante Verbesserungen in standardisierten Tests
Nach einem Jahr hatte sich der Gesundheitszustand der Teilnehmenden deutlich verbessert. Unter anderem konnten sie häufiger innerhalb einer Minute aus dem Sitzen aufstehen als zu Beginn und innerhalb von sechs Minuten längere Laufstrecken zurücklegen. In der Kontrollgruppe waren diese Werte am Ende sogar niedriger als zu Beginn.
„Solche standardisierten Tests wirken zunächst einmal nicht sehr alltagsnah“, erklärt Martin Halle in einer Pressemeldung der TUM. „Tatsächlich zeigen die Ergebnisse aber einen Gewinn an Lebensqualität und Selbstbestimmung. Die Betroffenen können beispielsweise zu Hause ohne Unterstützung aus einem Sessel aufstehen, was vorher nicht immer der Fall war.“ Ein weiteres Zeichen für die positiven Auswirkungen des Trainings: Die Zahl der Tage, die Teilnehmende innerhalb des Studienzeitraums im Krankenhaus verbrachten, war mit einem regelmäßigen Training nur halb so groß wie in der Kontrollgruppe – zwei Tage im Mittel im Vergleich zu fünf.
Geringe Kosten pro Trainingseinheit
„Für mich sprechen die Ergebnisse eine deutliche Sprache“, gibt Martin Halle in der Pressemeldung der TUM weiter zu Protokoll. „Mit vergleichsweise geringem Aufwand können wir die Gesundheit der Betroffenen verbessern und zudem Kosten für das Gesundheitssystem senken.“ Nach Berechnungen der Forschenden lägen die Kosten für ein individualisiertes Training ungefähr bei 25 Euro pro Trainingseinheit und Person.
Zukunftsbilanz positiv
Diese wegweisende Studie liefert vielversprechende Erkenntnisse darüber, wie sportliche Aktivität während der Dialyse das Wohlbefinden und die Gesundheit von Patienten mit Nierenerkrankungen verbessern kann. Die Ergebnisse legen nahe, dass ein begleitetes Training während der Dialyse eine sinnvolle Ergänzung zur medizinischen Betreuung darstellt und dazu beitragen kann, Krankenhausaufenthalte zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern.
Angesichts dieser vielversprechenden Ergebnisse empfehlen die Forschenden, dass ein Training während der Dialyse als Standardangebot implementiert werden sollte. Die Möglichkeit, während der Behandlung körperliche Aktivität auszuüben, könnte einen bedeutsamen Einfluss auf die Gesundheit und Lebensqualität der Patient:innen haben und langfristig das Gesundheitssystem entlasten.
Mit vergleichsweise geringem Aufwand können wir die Gesundheit der Betroff enen verbessern und zudem Kosten für das Gesundheitssystem senken.
Den Abschlussbericht zu der Studie, die aus dem Innovationsfonds der Krankenkassen finanziert wurde, hat das Konsortium DiaTT in Deutschland bereits dem Gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen überreicht. In diesem Gremium wird darüber entschieden, ob Training während der Dialyse zu einem Angebot für alle Versicherten wird. „Ich hoffe, dass unser Trainingsprogramm zur Kassenleistung wird“, erklärt Martin Halle hierzu. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig ein ganzheitlicher Blick auf Gesundheit gerade bei alten und gebrechlichen Patienten ist. High-Tech-Medizin ist wichtig, ihr volles Potenzial kann sie aber nur in Kombination mit anderen Feldern wie der Präventionsmedizin erreichen.“
Angesichts dieser vielversprechenden Ergebnisse empfehlen die Forschenden, dass ein Training während der Dialyse als Standardangebot implementiert werden sollte.
Sicher sind auch in der Zukunft noch weitere Untersuchungen notwendig, vor allem, um die langfristigen Auswirkungen dieses Ansatzes zu verstehen. In den kommenden Jahren sollen die Studienteilnehmer weiter begleitet werden, um mehr über die Effekte eines langfristigen Trainings in Erfahrung zu bringen.
Den Abschlussbericht zu der Studie, die aus dem Innovationsfonds der Krankenkassen finanziert wurde, hat das Konsortium DiaTT in Deutschland bereits dem Gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen überreicht. In diesem Gremium wird darüber entschieden, ob Training während der Dialyse zu einem Angebot für alle Versicherten wird. „Ich hoffe, dass unser Trainingsprogramm zur Kassenleistung wird“, erklärt Martin Halle hierzu. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig ein ganzheitlicher Blick auf Gesundheit gerade bei alten und gebrechlichen Patienten ist. High-Tech-Medizin ist wichtig, ihr volles Potenzial kann sie aber nur in Kombination mit anderen Feldern wie der Präventionsmedizin erreichen.“
DiaTT-Konsortialpartner waren neben der TUM die Universitätsklinik
Köln, das Universitätsklinikum Freiburg, das Kuratorium für Dialyse
und Nierentransplantation e.V., die Deutsche Gesellschaft Rehabilitationssport
für chronisch Nierenkranke e.V., der Bundesverband
Niere e.V. sowie die Krankenkassen Techniker, AOK Plus und Barmer
- Landesvertretung Sachsen.