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THERAPY-Magazin
Wie anstrengend darf’s denn sein?

Optimieren Sie das Bewegungstraining nach einem Schlaganfall: Die Borg-Skala ermöglicht eine einfache und präzise Steuerung der Belastungsintensität für bessere Rehabilitationserfolge.

Author
Jakob Tiebel
Inhaber, N+ Digital Health Agency
Nach einem Schlaganfall unterstützt das Eigentraining mit einem Bewegungstherapiegerät nachweislich den Erfolg ambulanter Heilbehandlungen. Therapeuten sind jedoch oft ratlos, wenn es um eine Empfehlung für die Trainingssteuerung geht, sodass die Patienten im Training meist auf sich allein gestellt sind. Die Borg-Skala, eine zuverlässige Messgröße, mit deren Hilfe Therapeuten die subjektive Anstrengung während des Trainings erfassen und beurteilen können, kann hier Abhilfe schaffen.
Ein durch den Patienten gesteuertes Eigentraining in der ambulanten Nachsorge ist unerlässlich, um die im Rahmen einer stationären Rehabilitation erzielten Fortschritte zu erhalten und die motorischen Fähigkeiten sowie die körperliche Fitness nach einem Schlaganfall weiter zu verbessern [1].

Der Einsatz eines fremdkraftbetriebenen Bewegungstrainers hat sich in diesem Zusammenhang als sinnvolle Ergänzung zur Physio- und Ergotherapie erwiesen. Ein intensives und regelmäßiges Training verbessert die Gehfähigkeit und allgemeine Ausdauer und erhöht die Selbständigkeit in diversen Alltagssituationen [2-4].

Das Eigentraining und dessen regelmäßige Kontrolle spielen im ambulanten Setting deshalb eine so wichtige Rolle, weil die Therapiedosis ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist. Durch die ambulante Heilmittelversorgung allein ist eine für das motorische Lernen erforderliche Trainingsintensität, -dauer und -häufigkeit nicht sichergestellt. Wenn der Patient jedoch einen Teil der behandlungsfreien Zeit dazu nutzt, in Eigenverantwortung am Gerät zu trainieren, kann er den Behandlungserfolg dadurch aktiv unterstützen. Zudem lernt er, wieder Verantwortung für sich und die Situation zu übernehmen und kann sich selbst wirksam erleben [1,6].

In aller Regel kann der Patient das Training mit etwas Übung problemlos in Eigenregie zu Hause durchführen. Ein Bewegungstrainer erweist sich schon aufgrund seiner Bauart, der einfachen und intuitiven Bedienung und der hohen Sicherheit während des Trainings als geeignet. Er ist als eine Art modifizierter Fahrradergometer mit Motorantrieb zu verstehen, mit dem selbst nicht gehfähige oder stark gehbehinderte Patienten vom Rollstuhl oder Stuhl aus repetitive Bewegungen der Arme und Beine durchführen können. Der Bremswiderstand kann dabei fein dosiert und an die individuelle Leistungsfähigkeit des Patienten angepasst werden.

Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Eigentraining ist allerdings, dass der Patient zu Beginn lernt, mit dem Hilfsmittel richtig umzugehen und das Training angemessen zu steuern und zu dosieren. Die dazu erforderliche Vernetzung und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Versorger, Therapeut und Patient ist im ambulanten Sektor aber leider nur eine Wunschvorstellung. Fehlende Kommunikation, fehlendes Fachwissen, mangelnde Zeitbudgets und eine ungeklärte Vergütungssituation stehen der fachübergreifenden Koordination entgegen [5]. Patienten, die einen Bewegungstrainer für zu Hause bekommen, werden bei der Lieferung oft nur kurz in die Gerätebedienung eingewiesen und sind danach völlig auf sich allein gestellt [3]. Die Betroffenen erkundigen sich zwar meist danach, wie sie trainieren sollen, bekommen aber nur selten ausreichend nützliche Tipps.

Die geeignete Belastungsintensität für ein adaptiertes Training zu finden und Leistungen richtig zu beurteilen, ist allerdings auch keine leichte Aufgabe. Gerade bei älteren Menschen sowie bei Patienten mit kardiopulmonalen und muskulo­skeletalen Erkrankungen ist es oft schwierig, eine eindeutige Trainingsempfehlung zu geben. Umfangreiche Belastungstests zur Bestimmung physiologischer Parameter (VO2max, Blutlaktatwerte) wären von Nöten, sind aber viel zu aufwendig und im ambulanten Setting keineswegs praktikabel [6].
Eine sehr einfache, aber dennoch präzise Möglichkeit, das individuelle Anstrengungsempfinden zu bestimmen und die Belastung für das Training festzulegen, ist hingegen die 1970 von dem Schweden Gunnar Borg entwickelte Borg-Skala. Diese 15-stufige Skala ist einfach zu handhaben und auch die Patienten selber sind in der Lage, sie zu verstehen und für die Trainingssteuerung einzusetzen [6].

In der neurologischen Rehabilitation ist dieses Assessment weit verbreitet. Es wird häufig in Trainingsstudien zur Leistungsdiagnostik und Belastungssteuerung eingesetzt [6]. Kamps und Schüle, wie auch Dobke und Kollegen, konnten 2005 und 2010 nachweisen, dass sich die Borg-Skala ebenso gut für die Steuerung des Bewegungstrainings bei zu Hause lebenden Schlaganfallpatienten eignet. Sie legten dazu zunächst die Belastungen für das Training nach Borg fest, verglichen die trainingsspezifischen Resultate später mit den Ergebnissen eines 6-Minuten-Gehtests und kamen zu dem Schluss, dass die Belastung im Training tatsächlich der allgemeinen Ausdauerfähigkeit in Alltagssituationen entsprach. Zudem stellten sie fest, dass die regelmäßige Überprüfung der Leistungsfähigkeit anhand der Borg-Skala eine große Motivation für die Patienten darstellte. Das Erreichen höherer Tretwiderstände war bedeutend für die Patienten und stellte einen Trainingsanreiz dar, sodass sich ihre Leistungen im Verlauf signifikant steigerten [3,4].

Das Arbeiten mit dem Assessment ist denkbar einfach. Anhand der klassischen Borg-Skala, auch „ratings of perceived exertion“ (RPE), wird zunächst das subjektive Anstrengungsempfinden des Patienten während bzw. unmittelbar nach dem Training quantifiziert. Die 15-stufige Intervallskala ist in Zahlenwerte von 6 bis 20 eingeteilt. Die ungeraden Zahlenwerte sind zusätzlich mit interpretierenden Beschreibungen versehen (von 7 = „sehr, sehr leicht“ bis 19 = „sehr, sehr anstrengend“) und zwar so, dass die Skala eine Linearität erreicht [6].
Je nach Leistungsfähigkeit des Patienten ist ein Training im submaximalen Bereich über einen Zeitraum von etwa 15-20 Minuten pro Einheit anzustreben. Eine Einheit besteht immer aus einer 2-3-minütigen Auf- und Abwärmphase; dazwischen sollte aktiv getreten werden. Dabei muss der Bremswiderstand am Gerät so eingestellt werden, dass die Belastung der Stufe 13 („etwas anstrengend“) entspricht, was unter trainingswissenschaftlichen Gesichtspunkten einem moderaten Ausdauertraining gleichkommt (3,4).

Wer es ganz genau haben möchte, der sollte in einem Eingangstest zunächst die maximale Leistungsfähigkeit bestimmen, um die Werte für das Ausdauertraining danach möglichst präzise festlegen zu können. Bei einer Bestimmung der Trainingsparameter aus dem submaximalen Leistungsbereich heraus ist die Variation meist größer. Im Anschluss an den Eingangstest können die Patienten das Training dann anhand der Skala selber steuern und die Werte zugleich als Referenz für eine Reproduktion des Belastungsniveaus in Alltagssituationen verwenden [6].

Zur Validität lässt sich zusammenfassend sagen, dass alle üblichen physiologischen Kriterien (Herzfrequenz, Blutlaktatwert, % VO2max, % VO2, Atemfrequenz und Belüftung) ähnlich stark mit der RPE-Skala korrelieren. Schon aus Gründen der Praktikabilität ist die Atemfrequenz jedoch der beste Indikator für den Grad der physischen Anstrengung [6].
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Author
Jakob Tiebel
Inhaber, N+ Digital Health Agency
Jakob Tiebel Studium in angewandter Psychologie mit Schwerpunkt Gesundheitswirtschaft. Klinische Expertise durch frühere therapeutische Tätigkeit in der Neurorehabilitation. Forscht und publiziert zum Theorie-Praxis- Transfer in der Neurorehabilitation und ist Inhaber von Native. Health, einer Agentur für digitales Gesundheitsmarketing.
References:
  1. Lamprecht H. Ambulante Neuroreha nach Schlaganfall – ein Plädoyer für Intensivprogramme. Physiopraxis 2016; 14(9): 13-15
  2. Podubecka J, Scheerl S, Theilig S, Wiederer R, Oberhoffer R, Nowak DA. Cyclic Movement Training versus Conventional Physiotherapy for Rehabilitation of Hemiparetic Gait after Stroke: A Pilot Study. Fortschr Neurol Psychiatr 2011; 79(7): 411-418
  3. Kamps A, Schüle K. Cyclic movement training of the lower limb in stroke rehabilitation. Neurol Rehabil 2005; 11 (5): 259 – 269
  4. Dobke B, Schüle K, Kaiser T. Use of an assistive movement training apparatus in the rehabilitation of stroke patients. Neurol Rehabil 2010; 16 (4): 173 – 185
  5. Driemel C, Schittenhelm A. Hilfsmittelversorgung. Eine Herausforderung - auch für uns Physiotherapeuten. pt_Zeitschrift für Physiotherapeuten 2015; 67(4): 65-67
  6. Schefer M. Wie anstrengend ist das für Sie? Assessment: Borg-Skala. Physiopraxis 2008

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